Zwischenpräsentation der Projektvorhaben

Nach der langen Unterbrechung des Fortbildungprogramms, trafen sich alle Mitwirkenden der KontextSchule zum Austausch über den aktuellen Stand ihrer Vorhaben und die Weiterführung der KontextSchule in der zweiten Jahreshälfte 2020. Die FriedaSüd-Initiative ermöglichte uns das Zusammenkommen in ihrem Gemeinschaftsgarten – im Freien konnten wir die aktuellen Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie einhalten.

Die einzelne Tandems und Teams gaben Einblicke in ihren Arbeitsprozess, teilten Fragen und erprobten Methoden. Dabei konnten sie die Kolleg*innen als kritische Freund*innen unterstützen und mit ihren Rückmeldungen den Raum für eine gemeinsame Reflexion öffnen. Nebst der Rolle der kritischen Freund*innen, übernahmen jeweils zwei Gruppen für die Präsentierenden die Aufgabe der Dokumentation. In der Absicht, einen multiperspektivischen Blick auf die Projektvorhaben zu ermöglichen, kamen dabei verschiedene forschende Methoden zum Einsatz: Eine Gruppe skizzierte während des Beitrags „visual recordings“ bzw. visuelle Übersetzung der Prozesse. Diese Aufzeichnungen bildeten den Ausgangspunkt für eine gemeinsame Nachbesprechung der Beiträge mit dem Plenum. Eine zweite Gruppe protokollierte als teilnehmende Beobachter*innen den Beitrag. Anhand der mitnotierten Stichworte sollten diese Gruppen im Nachgang zum Treffen einen freien Bericht verfassen und ihn an die Beitragenden senden.

Der Tag hat einmal mehr verdeutlicht, wie komplex die Beschäftigung mit diskriminierungskritischen Themen – nicht zuletzt auf der visuellen und damit repräsentativen Ebene ist: „Es besteht immer das Risiko, dass sich während der Beschäftigung mit Diskriminierungskritik die kritisierten Gewaltverhältnisse paradoxerweise wiederholen“. Was Carmen Mörsch in der Einführung zu den von ihr zusammengetragenen Materialien zu Critical Diversity Literacy zu bedenken gibt, hat sich in unserem Fall einmal mehr bestätigt: Insbesondere die Art und Weise, wie in der Praxis einiger Tandems/Teams Rassismus thematisiert wurde, gab Anlass zu heftiger Kritik, woraus sich in der Nachbesprechung eine emotionsgeladene Konfliktschleife ergab. Diese Kontroverse warf auch grundsätzliche Fragen zur Fortbildung auf

  • Wie sind Emotionen und Affekte mit unterschiedlichen Machtpositionen und weißen Privilegien verstrickt? Wie können Emotionen und Affekte als wesentlicher Teil von Ver_lernprozessen im Zusammenhang mit Diskriminierungen in der Fortbildung mehr Raum und Aufmerksamkeit erhalten?
  • Wie hängen Emotionen damit zusammen, was Kenneth Jones und Tema Okun als „White Supremacy Culture“ Jones/Okun 2001) beschreiben? Oder anders gefragt: Wessen Emotionen nehmen im Rahmen einer Fortbildung wie der KontextSchule welchen Raum ein – wer hat ein (vermeintliches) Anrecht darauf, sich wohlzufühlen (ebda.), mit welchen Unbehagen beschäftigen wir uns wann und in welcher Konstellation?
  • Und damit zusammenhängend: wie kann die Notwendigkeit einer kontinuierlichen (selbst)kritischen Beschäftigung mit Weißsein und anderen Privilegien in der Fortbildung vermittelt und ggf. eingefordert werden?

Für uns war es auch ein Anstoß, als Organisator*innen der KontextSchule über unsere Rollen, Erwartungen und die Fortbildungsstrukturen nachzudenken. Das Treffen hat klar gemacht, dass wir zum Zeitpunkt ihres offiziellen Abschlusses eigentlich mitten in der Fortbildung stecken. Das hängt zum einen sicherlich damit zusammen, dass die KontextSchule 2018 - 2020 durch zahlreiche Umstände (verzögerter Beginn, Unklarheit über ihr Fortbestehen aufgrund drohender Haushaltskürzungen und schließlich Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie) regelrecht fragmentiert worden ist. Es hat aber auch mit dem nicht auflösbaren „Arbeiten in Spannungsverhältnissen“ (Diallo/Erni 2017:o.A.) zu tun, welches die herrschaftskritische Zusammenarbeit in heterogenen Gruppen mit sich bringt.

Was wir für eine zukünftige KontextSchule daraus lernen können, möchten wir uns bei einem gemeinsamen Auswertungstreffen im September 2020 genauer anschauen. Dieses Extratreffen in der großen Runde soll dem Austausch über die Gesamtfortbildung mit ihren Potenzialen und Herausforderungen dienen. Begleitet und unterstützt werden wir dabei durch zwei langjährige Expert*innen im Bereich der intersektionalen Bildungsarbeit: Senami Zodehougan und Tuğba Tanyılmaz von der Initiative intersektionale Pädagogik.

Termin: Freitag, den 05. Juni, 10.00 – 18.00